SERVICE TEXTWERKSTATT | Wenn es Sie interessiert, führe ich Ihnen vor, wie ich mit wenigen Handgriffen eine graue Textente in einen farbenfrohen Kolibri verwandle. Das Impressum meiner Homepage enthält folgenden Passus:
„Diese Webseite wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, dennoch können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Es wird keine Haftung für Schäden übernommen, die direkt oder indirekt aus der Benutzung dieser Webseite entstehen. Es ist zulässig, die Inhalte dieser Webseite für private Zwecke zu kopieren, in Datenbeständen abzuspeichern und Dritten zugänglich zu machen. Eine kommerzielle Nutzung wird ausgeschlossen.“
Ich habe dieses Kauderwelsch vom Datenschutzbeauftragten übernommen. Man muß das wohl so formulieren, freilich ginge es schöner. Zunächst hole ich die beteiligten Kommunikationspartner aus dem Totenreich zurück, indem ich die Passiv- in Aktivformen umwandle:
„Ich habe diese Webseite mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, dennoch kann ich Fehler nicht ausschließen. Ich übernehme keine Haftung für Schäden, die direkt oder indirekt aus der Benutzung dieser Webseite entstehen. Ich gestatte Ihnen, die Inhalte dieser Webseite für private Zwecke zu kopieren, in Datenbeständen abzuspeichern und Dritten zugänglich zu machen. Eine kommerzielle Nutzung schließe ich aus.“
Jetzt können Sie in dem Sprachnebel meine Person erkennen, auch sich selbst haben Sie kurz wahrgenommen. Doch noch immer ist der Text weit davon entfernt, den Johann-Heinrich-Merck-Preis der Akademie für Sprache und Dichtung zu erringen. Ich ersetze daher einige Nomen durch Verben, „diese“ durch „meine“, ich konkretisiere vage Ausdrücke, entferne störende Doppelungen, und − das wichtigste − ich schaffe eine persönliche Haltung zu den Dingen:
„Ich habe meine Webseite mit viel Fleiß und Liebe zusammengestellt. Trotzdem kann ich nicht ausschließen, daß sich hier und da ein Fehler eingeschlichen hat. Da ich keine Ahnung habe, was Sie mit der Seite alles anstellen, kann es passieren, daß Sie sich dabei in die Bredouille bringen. Rechtlich wäre das allerdings Ihr Problem. Texte und Bilder können Sie nach Herzenslust herunterladen und anderen Menschen zuschicken − solange Sie das gratis tun. Andernfalls wird es eng für Sie.“
Nun haben wir einen Text, der seine Leser nicht erschreckt und trotzdem seine Botschaft übermittelt. Die 1000-Euro-Frage lautet: Wieviel juristische Wirkung entfaltet er?